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Frühchen Paul und die Frauenmilchbank feiern fünften Geburtstag

Frühchen Paul besucht mit seiner Mama die Frauenmilchbank in Winnenden
Paul und Mama Nina Fallier (hinten) besuchen Dr. Janaina Rauch zum fünften Geburtstag in der Frauenmilchbank. © RMK, Fuchs

Die innovative Einrichtung für Frühgeborene am Rems-Murr-Klinikum Winnenden wurde 2020 ins Leben gerufen. Was wurde aus einem der ersten Superfood-Empfänger?

Winnenden. „So klein warst du auch mal, Paul.“ Nina Fallier steht auf der Frühchenstation, ihren Sohn an der Hand, mit respektvollem Abstand zu einem Inkubator und in Gedanken ganz nah bei dem winzigen Wesen, das im Perinatalzentrum des Rems-Murr-Klinikums seine ersten Lebenswochen verschläft. Warm unterm grünen Mützchen, satt dank natürlicher Muttermilch. Genau wie ihr Paul, der hier zur Welt kam – drei Monate zu früh, am 15. November 2020.

Zum Glück für Paul und Hunderte anderer Babys war dies auch das Geburtsjahr der Frauenmilchbank am Klinikum Winnenden. Die gibt Frühgeborenen seit 2020 Starthilfe mit Spendermilch, wenn die Mutter nicht selbst stillen kann. Winnenden war damit Vorreiter in der Region. Bis heute vermitteln nur sieben Kliniken in Baden-Württemberg Milchspenden für Früh- und Neugeborene in kontrollierter Qualität und professionell organisiert. Am Rems-Murr-Klinikum haben in den vergangenen fünf Jahren mehr als 350 Frauen ihre überschüssige Milch gespendet. Mit rund 2.100 Litern Muttermilch konnten bislang 850 Babys versorgt werden; seit 2023 auch in der Rems-Murr-Klinik Schorndorf. Inzwischen bestellen auch die Kliniken in Esslingen, Ludwigsburg, Böblingen und Mainz in Winnenden, ja sogar die Uniklinik Mannheim.

Das Ziel: „Jedes Frühchen soll Frauenmilch bekommen, bis sie mindestens 1.500 Gramm wiegen. Das ist das Natürlichste und Beste, was es für seine Entwicklung braucht. Paul war damals einer unserer ersten Spendermilchempfänger“, erzählt Dr. Janaina Rauch, Oberärztin für Kinder- und Jugendmedizin und Ärztliche Leiterin der Frauenmilchbank. Sie hatte die Idee dazu und engagiert sich seit fünf Jahren gemeinsam mit ihren drei Teamkolleginnen, diesen Service innerhalb des Winnender Perinatalzentrums immer weiter auszubauen – unterstützt vom ganzen Klinikum, dem Rems-Murr-Kreis als Klinikträger und auch von der Eva Mayr-Stihl Stiftung, die bereits 2023 mit 35.000 Euro den Ausbau der Milchküche gefördert hatte.

Mit Blick auf den steigenden Bedarf der Frauenmilchbank stockte die Stiftung ihre Unterstützung dann 2024 und 2025 auf insgesamt 100.000 Euro auf. Die Milchküche wurde noch einmal umgebaut, um den zum Glück für Frühchen immer üppiger fließenden Milchspenden gerecht zu werden. Außerdem wurde das moderne Milchanalysegerät MIRIS angeschafft, damit Spendermilch analysiert und optimal angereichert werden kann. „Individualisierte Fortizifierung“ heißt das in der Neonatologie. „Muttermilch enthält je nach Frau unterschiedlich viel Fett, Kohlenhydrate und Eiweiß. Diese Werte bestimmen wir mit MIRIS und können dann perfekt ergänzen”, sagt Kinderärztin Rauch.

Dass Frühchen wie Paul dank natürlicher Muttermilch besser gedeihen als mit handelsüblicher Babynahrung, ist wissenschaftlich erwiesen. Auch aus der täglichen Praxis kennt Janaina Rauch den nahrhaften Nutzen, und Pauls Mama Nina Fallier ist einfach nur „aus tiefstem Herzen dankbar“ für diese Starthilfe der ersten Wochen. Seit 2020 ist das Band zwischen der Logopädin aus Waiblingen und dem Frühchenteam in Winnenden eng geknüpft. Einmal im Jahr, am Welt-Frühgeborenentag im November, kommen ehemalige Frühchen mit ihren Eltern auf Einladung des Rems-Murr-Klinikums zusammen zum Kaffeeklatsch in der „Auszeit“. Sie tauschen schöne und traurige Erinnerungen aus, freuen sich gemeinsam über die Entwicklung ihrer kleinen-großen Heldinnen und Helden, die durch die Klinik-Cafeteria wuseln.

Heute ist der bald fünfjährige Paul an der ersten Adresse seines Lebens zu Besuch, darf fürs Geburtstagsfoto einmal in die Milchküche schauen und krabbelt im Spielzimmer der Kinderklinik um ein Parkhaus herum, während seine Mama im Fotoalbum blättert. „Paul Elias, 15.11.2020“ steht in goldener Schrift auf hellgrauen Buchdeckeln, dazwischen Tage und Wochen voller Entwicklung, Hoffen und Bangen. „Am 1. Januar 2021 ist der letzte Eintrag in der Neonatologie“, sagt Janaina Rauch beim Blättern. „Silvester hat er noch bei uns verbracht, an Neujahr konnte er dann auf die Normalstation verlegt werden.“

Bei Nina Fallier überwog in all den Wochen und Jahren stets das Hoffen. „Ich habe ein positives Mindset.“ Das half ihr schon in der Schwangerschaft. Zweieinhalb Monate vor Pauls Geburt und fünfeinhalb Monate vor errechnetem Termin kam die damals 39-Jährige nach dem Ultraschall bei ihrer Gynäkologin ins Rems-Murr-Klinikum. Der Muttermund war fast offen und wurde deshalb zunächst operativ wieder verschlossen. Für Nina Fallier und das Klinikteam hieß es Liegen, Warten, Wehenhemmer, Kontrollieren. „Die Ärzte und ich haben uns alle Mühe gegeben, damit Pauli noch möglichst lang drinbleibt.“ Denn Fallier war erst in der 20. Schwangerschaftswoche, als Grenze der Lebensfähigkeit gilt die 23. Woche. Pauli blieb drin, bis zum 15. November 2020. Dann hielt ihn nichts mehr.

Beim Kaiserschnitt standen bereits zwei Kinderärzte im OP-Saal. 980 Gramm, aber gesund. Trotzdem ist wenig Zeit für Muße. Denn Pauls Mama hatte kaum Milch. „Da sitzt du im Stillzimmer und willst für dein Baby abpumpen. Aber es kommen nur ein paar Tropfen. Und das jeden Tag, während andere Frauen mit vollen Flaschen rausgehen.“ Die Mutter war frustriert, das Baby hungrig. Und bekam sofort Spendermilch, zunächst wie alle Frühchen über eine Magensonde, weil den Kleinsten noch der Schluckreflex fehlt. Am ersten Tag alle zwei Stunden einen Milliliter. Am zweiten Tag schon zwei Milliliter. „Der Magen von Frühchen ist so klein, da passt erstmal nur ganz wenig rein“, sagt Kinderärztin Rauch. „Je nach Reife eines Babys benötigt es täglich zwischen 10 und 400 Milliliter, entweder als Rohmilch oder pasteurisierte Milch. Rohmilch enthält noch mehr wertvolle Inhaltsstoffe, benötigt aber eine besonders aufwändige Aufbereitung, weshalb wir sie für die schwächsten Frühchen aufsparen.“

Muttermilch ist ein natürlicher Booster, der das Immunsystem und die Gesundheit von der ersten Lebensminute an unterstützt.

Die Vorteile sind nachgewiesen: Muttermilch schützt vor Infektionen, vor allem im empfindlichen Magen-Darm-Trakt der Frühgeborenen. Sie stabilisiert den Blutzuckerspiegel und trägt zu einer besseren Immunabwehr bei, was die Sterblichkeit der Kleinsten senkt. Wer von Anfang an mit Muttermilch ernährt wird, hat sogar einen Langzeitschutz: Das Risiko für spätere Herz-Kreislauferkrankungen, für Übergewicht, Diabetes und Allergien sinkt.

Dieses Superfood lagert bei minus 32 Grad in den 70-Liter-Kühlschränken der Winnender Milchküche auf Station 28, in die auch Paul heute mal einen kurzen Blick werfen darf. Kleine Fläschchen mit rosa Deckeln und jeweils 100 Millilitern Milch, virologisch und bakteriologisch getestet, beschriftet und gekühlt, sind sofort einsatzfähig, wenn ein Baby es braucht. Das Team der Frauenmilchbank kümmert sich um die Vermittlung von Milchspenderinnen, organisiert Kontrollen und sorgt für die fachgerechte Lagerung und Abgabe der Milchproben. Nur eins steht nicht drauf: der Name der Spenderin. Aus Datenschutzgründen.

Paul hat viele anonyme Fläschchen geleert. Vier Wochen alt, am 15. Dezember, konnte er erstmals selbstständig trinken. Wieder ein großer Schritt. Weil seine Mama gar nicht stillen konnte, brauchte er Spendermilch nicht nur als Überbrückung, sondern sechs Wochen lang, bis zum Wechsel von der Intensiv- auf die Normalstation. Bis heute ist der weißblonde Bub mit den großen blauen Augen ein zartes Kind, dafür vollkommen gesund. „Er hatte nie Magen-Darm-Probleme, bis heute nicht, und keine Allergien. Die üblichen Erkältungen halt in der Kita und im Kindergarten. Pauli ist ein Sonnenschein, sehr mitteilsam und sehr sozial“, sagt Nina Fallier, die ihm keine Milch geben konnte, aber von Anfang an Nähe. „Ich war jeden Tag bei ihm zum Kuscheln, stundenlang.“ Und Nähe, weiß Kinderärztin Rauch, ist genauso wichtig wie Nährstoffe. „Egal ob Mama, Papa, Tante oder Großeltern: Dass ein Baby die menschliche Wärme, den Geruch und die Bindung an andere Menschen spürt, ist prägender als alles, was wir in der Medizin für sie tun können.“

Kontakt zur Frauenmilchbank

Die Frauenmilchbank im Rems-Murr-Klinikum Winnenden ist erreichbar von Montag bis Freitag, jeweils 08:30 bis 12:30 Uhr unter 07195 591 41812 oder frauenmilchbank@rems-murr-kliniken.de

Ein Video zur Frauenmilchbank finden Sie hier: https://youtu.be/bGxyZ43AZ8c, Informationen zur Frauenmilchbank und zum Perinatalzentrum Level 1 sowie unserer Neugeborenenstation

„Großer Tag für kleine Helden“: Einladung zum Weltfrühgeborenentag 2025

Der Weltfrühchentag wird auch in diesem Jahr wieder mit einem bunten Programm im Rems-Murr-Klinikum Winnenden gefeiert. Eingeladen sind alle Frühchen-Eltern mit ihren Kindern am 17. November 2025 von 15.00 bis 18.00 in der Cafeteria „Auszeit“.

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